Untergang
„So viel Untergang war nie, und nie war so viel Neubeginn“, so der Klappentext von Kersten Knipps Buch „Im Taumel. … “. Dies in einer Diskussion für uns auszuloten, also zu fragen, inwieweit die Bewertung des Untergangs und der Neu-Anfänge noch etwas mit uns zu tun hat und ob diese Zäsur mehr gebracht hat als das Frauenwahlrecht, das schien dem Vorstand 60plus 100 Jahre später immer noch wichtig zu sein. Dass allein das Frauenwahlrecht, für sich genommen, gar nicht hoch genug bewertet werden kann, steht natürlich außer Frage. Nicht ganz unwichtig ist dabei die Feststellung, dass es Sozialdemokraten waren, die im und mit dem „Rat der Volksbeauftragen“ dieses Recht für alle späteren Wahlen festgelegt haben. Doch jetzt zurück zu unserer Versammlung am 12. Februar 2019. Als sachkundigen Gesprächspartner und Referenten hatten wir uns dazu Hans-Jürgen Dorn eingeladen. Und, um es vorweg zu sagen, das war eine gute Entscheidung. Dank Jürgen sind wir im Wust der Fakten nicht untergegangen, sondern konnten klar strukturiert die Schwierigkeiten und Abwägungsprobleme erarbeiten, vor denen u.a. die Sozialdemokraten und mithin die Politik standen.
Der Krieg war verloren
Und mit dem Zusammenbruch mussten jetzt die zivilen Kräfte fertig werden. Das Doppelgespann Hindenburg/Ludendorff an der Spitze der Obersten Heeresleitung machte sich geradezu unauffällig „vom Acker“. Nicht ohne den vergifteten Hinweis, die „Heimatfront“ habe den Krieg verloren. Dabei hat nicht diese erfundene Front die militärstrategischen und militärtaktischen Fragen entschieden, sondern die Oberste Heeresleitung. Die ganze monarchistisch/fürstliche Gesellschaft folgte diesem Beispiel. Sie waren es nicht gewesen, Verantwortung sieht anders aus. Wenn überhaupt, so räsonierte diese Gesellschaft nur noch unter ihresgleichen, so z.B. Wilhelm II, die Deutschen seien eine „Schweinebande“. So konnte selbst Carl Duisberg in Leverkusen feststellen „mit der Monarchie ist es ein für alle Mal vorbei“.
Neubeginn
Die weitere Abfolge des Geschehens soll hier nicht weiter geschildert werden, also Übertragung der Kanzlerschaft auf Friedrich Ebert, die von kriegsmüden Soldaten in Kiel ausgehende Revolution, die Bildung der Soldaten- und Arbeiterräte in ganz Deutschland, die „Abdankung“ des Kaisers, die Ausrufung der Republik durch Scheidemann am 9. November 1918 und schließlich die Etablierung des Rates der Volksbeauftragten durch 8 Sozialisten am 10. November, vier der MSPD und vier der USPD. Doch, wie sollte das von Scheidemann bei der Republikausrufung beschworene „Neue“, das das Alte und „Morsche“ ablösen sollte, aussehen? Auf dieses Abwägungsdilemma innerhalb einer halb-, mancherorts ganzrevolutionären Stimmung machte uns Hans-Jürgen aufmerksam: Sollte sich die Republik auf jeweils spontane Räte stützen oder durch Wahlen etabliert werden?
Räterepublik oder parlamentarische Demokratie
Für eine Räterepublik gab es Sympathien, doch der Rat der Volksbeauftragten folgte Friedrich Ebert, für den die Nationalversammlung kurzfristiges Ziel war. Weil, so seine Haltung: „Nur auf der breiten Heerstraße der parlamentarischen Beratung und Beschlussfassung … (lassen) sich die unaufschiebbaren Veränderungen … vorwärts bringen, ohne das Reich und sein Wirtschaftsleben zugrunde zu richten.“ Die Nationalversammlung wurde ausgeschrieben und am 19. Januar 1919 traf man sich in Weimar: Deutschland sollte eine parlamentarische Demokratie werden! Warum Weimar? Nun, Berlin, so fürchtete man wohl mit einigem Recht, war nicht unruhefrei.
Wie zuvor schon angedeutet, sollte es bei 60plus nochmals „historisch“ zugehen, Hans-Jürgen Dorn ist dann bestimmt die erste Wahl. Sein Blick auf die Menschen, also auf die, die Geschichte erleben, erleiden und gestalten, ist weitaus sympathischer als das bloße Schildern von Haupt- und Staatsaktionen.
Der 90. Geburtstag und seine Folgen
Ein Ereignis bleibt noch nachzutragen: Wir konnten Irma Westmeier ganz herzlich zu ihrem 90. Geburtstag gratulieren. Es gab kein „Dinner for one“, sondern sie spendete Kaffee und Kuchen für ALLE.