Ein Beitrag von Milanie Hengst:
Seit Januar 2018 läuft eine der wichtigsten Uhren im Berliner Regierungsviertel rückwärts – die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler. Sie zeigt jede Sekunde 78 Euro weniger. Geht es in diesem Tempo weiter fällt die die Staatsschuldenquote von heute 64 Prozent auf 42 Prozent im Jahr 2023, in 15 Jahren wäre die Bundesrepublik Deutschland komplett schuldenfrei. Aber wollen wir das überhaupt?
Funktion der Staatsschulden
Dagegen spricht zum einen, dass die Staatsschulden in Form von Staatsanleihen einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität des Finanzwesens leisten, weil Sie eine sichere und zuverlässige Anlageform darstellen. Macht Deutschland keine Schulden mehr gibt es auch keine Staatsanleihen mehr und den Banken und Unternehmen aber auch den privaten Sparern bleibt nur der Ausweg auf den Aktienmarkt. Die Risiken sind hier kaum abzuwägen.
Investitionen stehen an
Der aus meiner Sicht aber viel entscheidendere Grund warum sich Deutschland vom Ziel der Schuldenfreiheit zunächst einmal verabschieden sollte liegt in der Zukunft unseres Landes. Die jahrzehntelange falsch verstandene Sparpolitik hat deutliche Spuren in unserem Land hinterlassen. Die Straßen sind marode, Brücken, nicht nur in Leverkusen, stehen vor dem Kollaps und im Bildungsbereich herrscht ein gigantischer Investitionsstau.
Kommunen am Limit
Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schlecht es um die Finanzen vieler Städte und Gemeinden bestellt ist. Hier hat der Wegfall der Parität von Aufgabenzuweisungen durch Land und Bund und finanzieller Ausstattung um diese bewerkstelligen zu können riesige Löcher in die kommunalen Haushalte gerissen und zum Verzehr des Eigenkapitals geführt. Die Konsequenz daraus ist, dass auch die Kommunen ihren Aufgaben nur noch hinterherlaufen und längst überfällige Sanierungen oder Neubauten durch immer größerer Flickenteppiche weiter auf die lange Bank geschoben werden.
Kommunale Aufgaben wie Feuerwehr, Rettungsdienste und Krankenhäuser liegen selbst als Patienten darnieder und auch Schulen und Kindertageseinrichtungen leiden an maroder Infrastruktur und Überbelegung. Die Digitalisierung und ganz allgemein der Breitbandausbau werden ebenfalls nur sehr stiefmütterlich behandelt.
„Schwarze Null“ – hört sich prima an aber…
…klingt für mich im alltäglichen Leben eher wie eine typische politische Worthülse. Der Weg zur Arbeit ist jeden Morgen die erste Geduldsprobe, wohin das Auge blickt – Stau! Die Situation um die Leverkusener Brücke ist seit Jahren eine große Herausforderung für alle Berufstätigen in unserer Stadt. Der Rückweg am Nachmittag das gleiche Spiel nochmal. Öffentliche Verkehrsmittel, schnelle Anschlüsse – auch schwierig und zeitlich selten ein Zeitgewinn. Viele Mütter und Väter müssen wie ich Familie und Beruf miteinander vereinbaren und sind auf eine gute Infrastruktur angewiesen.
Apropos Familie – Kinder…die maroden Schulgebäude sind für unsere Kinder und das Lehrpersonal eine Zumutung. Vor einer Weile waren die Schulklos in unserer Stadt mal im Fokus. Das Ergebnis war – alles nicht so schlimm. Also meine Kinder stürmen nach der Schule immer zuerst auf die Toilette, weil sie sich vor den Schulklos ekeln. Es kann doch niemand ernsthaft behaupten, dass es keine notwendigen Investitionen gäbe. Die „schwarze Null“ ist aus meiner Sicht eine Prestigeaussage des Bundes auf Kosten der Kommunen.
Zukunft?
Immer wieder wird in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass wir unseren Kindern nicht einen solchen Schuldenberg hinterlassen dürften. Dabei wird nur allzu gerne unterschlagen, dass wir, wenn es so weiter geht, unseren Kindern zwar keine Schulden hinterlassen, dafür aber ein marodes und herunter gekommenes Land. Die Zukunft der kommenden Generationen wird gerade zugunsten eines unsinnigen Zieles geopfert.
Es muss endlich ein Umdenken geben. Es kann nicht angehen, dass Kommunen untereinander in Wettbewerb treten um an die begrenzten Fördertöpfe zu kommen, weil sie andernfalls gar nicht investieren können. Wir brauchen dringend Investitionen des Bundes in Straßen und Brücken, in Digitalisierung und Breitbandausbau und allen voran muss endlich die finanzielle Ausstattung der Kommunen ihren Aufgaben angepasst werden. Damit auch vor Ort wieder investiert und eine gute Zukunft unserer Kinder gesichert werden kann.
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