Der Welttag des Buches und des Urheberrechts ist keine 24 Stunden her. An diesem Tag stimmen wir in Deutschland regelmäßig ein Loblied auf das Feuilleton, das gedruckte Wort, Musik und Bild und den Schutz dieser Kulturgüter.
Für ein zeitgemäßes Urheberrecht
Das Urheberrecht schützt seit Jahrzehnten die Begründer geistigen Kulturgutes, sei es in Schrift, Ton oder Bild. Doch ist unser Urheberrecht noch zeitgemäß? Im Grundsatz ist man sich einig: Das Urheberrecht braucht ein Update. Am besten eins auf europäischer Ebene, damit Urheberrechtsverletzungen keine Frage mehr des Serverstandortes sind. Hier enden dann allerdings auch die Gemeinsamkeiten. Autoren, Sänger, Fotografen, Künstler, Verlage, Produzenten, Musiklabels, große und kleine Plattformbetreiber, sowie nicht zuletzt die Politik – gefühlt hat jeder eine Meinung, die in ihrer jeweiligen Argumentation auch viel Wahres enthält.
Klar ist inzwischen, angesichts der Entwicklung in der digitalen Welt fehlt es unserem Urheberrecht an Zugriffsmöglichkeiten im World-Wide-Web. Ein Verstoß gegen das Urheberrecht muss von der betroffenen Person zur Anzeige gebracht werden – erst dann wird ein Provider überhaupt tätig. Werden beispielsweise auf Videoplattformen Videos mit Musik hochgeladen, müsste ein Künstler – sofern er seine Werke nicht freigegeben hat – jeden einzelnen Menschen verklagen, der seine Werke illegalerweise verwendet und hochlädt. Dies soll nun anders werden: In Zukunft müssen die Plattformen dafür Sorge tragen, dass keine urheberrechtsverletzenden Inhalte hochgeladen werden.
Mobs, Bots und Menschen
In den letzten Monaten haben wir erlebt, wie eine ganze Generation auf die Straße geht. Im Rahmen der #fridaysforfuture demonstrieren Schüler*innen für den Klimaschutz. Und im Vorfeld einer EU-Abstimmung bewegen sich in ganz Europa Großdemonstrationen durch die Hauptstädte und Metropolen. Menschen jeglichen Alters und Berufsstandes. Menschen, die eins gemeinsam haben: Netzaffinität. Menschen, die ihre Meinungsfreiheit in Gefahr sehen. Menschen, die befürchten, dass Plattformen demnächst nur noch große Firmen mit entsprechenden Verträgen Videos hochladen lassen. Menschen, die befürchten, dass es zu einem massiven Einsatz von Uploadfiltern kommen wird. Diese Uploadfilter, so die begründete Kritik, seinen aber nicht in der Lage die urheberrechtskonforme Nutzung eines Inhaltes (zum Beispiel Satire, Parodie oder vom Zitatrecht gedeckte Inhalte) zu erkennen und würden diese Inhalte dann folglich fälschlicherweise blockieren.
Eins steht fest: Kommt die Reform, verändert sich das Internet. Und sie wird kommen. Die Gremien haben abgestimmt, die EU-Richtlinie ist beschlossen. Nun geht es an die Umsetzung. Diese wird auf nationaler Ebene ausgefochten.
Uploadfilter, ja oder nein?
Im Koalitionsvertrag ist eindeutig vereinbart worden, dass die Koalitionspartener Uploadfilter ablehnen. Wie kann es also sein, dass die Justizministerin Katarina Barley, der EU-Urheberrechtsreform zugestimmt hat?
An dieser Stelle widerspricht sich der Koalitionsvertrag. Auf der einen Seite werden Uploadfilter abgeleht, auf der anderen Seite sollen Rechte von Künstler*innen an ihren Werken stärker geschützt werden. Im Ministerrat bestand aber lediglich die Möglichkeit der Gesamtrichtlinie zuzustimmen oder sie eben abzulehnen.
Da die Gesamtrichtlinie viele wichtige Punkte zum stärkeren Schutz der Kreativen enthält, bestand die einzige Möglichkeit darin, im Ministerrat zuzustimmen und dann das europäische Paralemt dazu zu bringen, Art. 13 und die umstrittenen Uploadfilter aus der Richtlinie zu streichen. Am 15. April wurde mit der Abstimmung im Europäischen Rat die letzte Hürde für die umstrittene EU-Urheberrechtsreform genommen. Binnen zwei Jahren muss die Richtlinie nun von den EU-Staaten in das nationale Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung muss sich bei der Umsetzung des Artikels 17 von dem Ziel leiten lassen, ohne das Instrument ‚Uploadfilter‘ auszukommen“ – ob das gelingen wird, wird sich zeigen.
Lernprozess hat begonnen
Was lernen wir aus dieser Debatte um das Urheberrecht? Zum Beispiel, dass der Schritt von der analogen in die digitale Welt eben mehr als ein paar „Klicks“ braucht. Wir lernen auch, was die Menschen wirklich bewegt, und wir diese Themen früh erkennen müssen. Raus gehen, diskutieren und informieren. Nur daraus kann nämlich eine bürgernahe Politik entstehen, die die Menschen heute immer wieder vermissen. In diesem Sinne – diskutiert mit und bleibt politisch!
Aylin bloggt- immer mittwochs, immer politisch, immer aktuell.
Parteivorsitzende der SPD-Leverkusen Aylin Doğan