Am vergangenen Sonntag war Europawahl. Eine Wahl, die zweifelsfrei die Zeitenwende in der politischen Landschaft Deutschlands bestätigte. Die Volksparteien stürzen in der Wähler*innengunst weiter ab. Das Ergebnis für uns als SPD erschreckend.
Besonders die Themen Klima und Umwelt sind zunehmend relevant. Ebenso wie soziale Gerechtigkeit und die Sorgen der Menschen, abgehängt zu werden.
Generation Klimabewegung und der grüne Wahlerfolg
Seit Monaten demonstrieren Schüler*innen auf den Straße für den Klimaschutz. Die Kompetenz, den Klimawandel positiv beeinflussen zu können, wurde hauptsächlich den Grünen zugesprochen. Umwelt, Klima, Anti-Atomkraft – das sind die Kernthemen der Grünen.
Die Grünen sind die Profiteure dieser Klimabewegung. Das erkennen wir an und respektieren das erfolgreiche Abschneiden der Grünen.
Bei den Neuwählerinnen und -wählern bekommen die Grünen so viel Zustimmung wie SPD und Union zusammen. Diese machen jedoch nur 4 von 60 Millionen Wahlberechtigten aus. Die Betrachtung, dass allein eben diese jungen Wähler*innen die Wahl entschieden hätten, greift also zu kurz. Vielmehr erhalten Sie ebenso viel Zuspruch in der Gruppe der unter 60-jährigen. Die Groko dagegen verliert nicht nur bei der Jugend, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft.
48 Prozent der Wähler*innen gaben laut Wahltagsbefragung der ARD an, dass „Klima- und Umweltschutz“ die für sie entscheidenden Themen gewesen seien. Mit 43 Prozent auf Platz 2 des Wähler*inneninteresses: „ Soziale Sicherheit“. Das Kernthema der Sozialdemokratie.
Warum profitieren die Grünen also von der politischen Grundstimmung, die SPD aber stürzt ab? Die SPD hat es nicht geschafft, die Themen Klima und Soziales miteinander zu verbinden.
Doch beides bedingt einander. Das müssen wir den Wähler*innen deutlich machen.
Jetzt ist es wichtig die Brücke zu bauen, zwischen einer urbanen Bevölkerung, die „grün“-leben und -denken zu einer Lebensmaxim erklärt hat, und jenen, die sich davon überrollt oder nicht angesprochen fühlen. So funktioniert erfolgreiche Klimapolitik nur durch Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen. Wer nicht erkennt, welche Chancen eine alternative Mobilität in der Langfristigkeit bietet, beispielsweise für sozialschwache Wohngegenden an vielbefahrenen Straßen, die dadurch entlastet werden, wird diese nicht unterstützen. Klima- und Umweltschutz vom elitären Sockel in die Gesellschaft, in die Kommune, ins Quartier zu holen, muss Aufgabe der SPD sein.
Aus Fehlern lernen für die Zukunft
Wir als SPD erkennen: Wir haben ein sehr wichtiges Thema zu lange außen vor gelassen und wurden dafür deutlich abgestraft. Unser Handeln in der Klimapolitik war lange nicht stringent und zu wenig konsequent. Daran gibt es nichts zu rütteln. Der Strukturwandel wurde politisch nicht entschieden begleitet. Dies und auch die Nachwehen der verfehlten Sozialpolitik der 90iger Jahre haben uns als Partei geschadet und Wähler*innenstimmen gekostet.
Wir müssen als Partei unser Profil wiedergewinnen. Machtpoker darf keine Chance haben und wir müssen nicht nur vor Ort glaubwürdig sein, sondern eben auch auf den „weiter entfernten Ebenen“!
Vor allem aber müssen wir es bei den kommenden Wahlen wieder schaffen, Nichtwähler*innen zu mobilisieren. Bei der Europawahl haben wir nämlich am deutlichsten, in Zahlen 2,07 Millionen Wahlberechtigte an die Nichtwähler*innen, und noch einmal halb so viele, nämlich 1,29 Millionen Wähler*innen an die Grünen verloren.
Rechte Parteien müssen bekämpft werden
Besonders erschreckend ist aber neben den Verlusten der eigenen Partei noch eine Entwicklung, die sich bundes- und europaweit immer deutlicher abzeichnet. Der Stimmenzuwachs der rechten Parteien. In Deutschland hat die AfD einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen, den man nicht mehr mit „Protest“ abtun kann. Wir verlieren Wähler*innenstimmen an eine Partei, die sich deutlich von unserem Demokratieverständnis distanziert. Wir müssen aufmerksam sein und die Werte einer friedlichen und toleranten Gesellschaft verteidigen. Und wir müssen aufklären. Denn nur wahrhaftige Information hilft gegen dubiose Wahlversprechen, Halbwahrheiten und gezielte Fake-News!
Mit den Menschen vernetzt – analog und digital
Politik ist nicht weit weg, sondern ganz nah dran! An den Menschen, an den Themen. Doch wie erreicht man Menschen, die zu Wähler*innen werden sollen? Vernetzung analog zu betreiben reicht in Zukunft nicht mehr aus. Der politische Diskurs muss neu gedacht werden. Rezo und andere YouTuber*innen haben uns gezeigt, wie man gesprächswertig im Netz auftritt. Diesen Diskurs müssen wir aufnehmen, uns daran beteiligen, digital Akzente setzen und letztendlich tonangebend sein.
Ich freue mich auf Diskussionen mit euch- analog und digital. Und auf mehr Inhalt: immer mittwochs, immer politisch, immer aktuell!
Parteivorsitzende der SPD-Leverkusen Aylin Doğan