Gut 40 ältere Mitglieder der SPD ließen sich trotz eisiger Temperaturen nicht davon abhalten, die Auftaktversammlung 2024 der Arbeitsgemeinschaft 60plus im Küppersteger Kurt-Schumacher-Haus zu besuchen.
Grund dafür war sicherlich das spannende Thema und die kompetenten Referenten, denn es stand der Autobahnausbau rund um Leverkusen auf der Tagesordnung.
Eingeladen waren die parteilose und für das Thema längst Expertin gewordene Ratsfrau Gisela Kronenberg, Peter Westmeier als Chef der Bürgerinitiative „Lev kontra Raststätte“ und Geschäftsführer Julian Frohloff, der die SPD-Ratsfraktion in allen Autobahngremien vertritt und sich an vorderster Stelle um einen möglichst großen fraktions- und parteiübergreifenden Konsens zu diesem Thema im Stadtrat kümmert.
Gisela Kronenberg legte zunächst dar, welche Vor- und Nachteile die von der Autobahn GmbH für den Ausbau der A1 und der A3 vorgesehenen Vorzugsvarianten während und nach der Bauzeit aus ihrer Sicht haben werden. Mehr als 300.000 Kraftfahrzeuge fahren auf den Autobahnen 1, 3 und 59 jeden Tag mitten durch die Stadt, hinzu komme Europas wichtigste Gütergleisverbindung von Rotterdam nach Genua und rund 400 Schiffe, die Leverkusen auf einer der weltweit meistbefahrenen Binnenwasserstraßen, dem Rhein, täglich passieren. Die Belastungen seien also auch heute schon groß.
Während für den Autobahnabschnitt 1 (u.a. Bau von zwei Rheinbrücken) durch den Planfeststellungsbeschluss bereits Baurecht bestehe, die erste Brücke in wenigen Wochen dem Verkehr übergeben wird und sodann mit dem Bau der 2. Rheinbrücke begonnen werde, ist für die beiden weiteren Bauabschnitte „Stelze“ und A3 mit einer Entwurfsplanung als Grundlage eines Planfeststellungsverfahrens nicht vor Ende 2025 zu rechnen und der Ausbau werde nicht mehr in diesem Jahrzehnt beginnen.
Die für die A3 und die Stelze offenbar bevorzugten Ausbauvarianten sehen erhebliche Verbreiterungen der Verkehrsflächen vor. So wird die A3 von 8 auf 12 Fahrspuren ausgebaut und sich gegenüber heute um 25 m verbreitern, an ihrer breitesten Stelle in Höhe der Straße Ratherkämp sogar auf insgesamt 78 m. Damit verbunden sind erhebliche Eingriffe in Privateigentum, denn es müssen Wohnhäuser weichen, ein insgesamt 13 m hoher Lärmschutz ist vorgesehen, für mehr als 600 Wohnungen ist passiver Lärmschutz notwendig und während der langen Bauphase werden der Willy-Brandt-Ring und die B8 zu hochbefahrenen Ausweichstrecken.
Das Autobahnkreuz Leverkusen in seiner heutigen Form hält Gisela Kronenberg hauptverantwortlich für die aktuelle Verkehrssituation mit ihren täglichen Staus. Der Umbau vom heutigen „Kleeblatt“ zur „abgewandelten Windmühle mit 3 Ebenen“ sei deshalb für sie unumgänglich, wobei auch hier der Ausbau den angrenzenden Wohnhäusern sehr „auf die Pelle rückt“ und hoher Lärmschutz die Grundstücke verschatte.
Dass Protest gegen die gigantischen Ausbaupläne durchaus erfolgreich sein könne, zeige der Autobahnabschnitt der A3 nördlich der Autobahnausfahrt Opladen bis zum Autobahnkreuz Hilden. Die Autobahn GmbH hat der von der Initiative „3reicht“ geforderten temporären Freigabe des Seitenstreifens zugestimmt, sodass ein Ausbau von 6 auf 8 Fahrspuren zumindest vorübergehend gestoppt ist.
Den Ausbau des Abschnitts 2 in der von Leverkusen seit Jahren geforderten Form „Tunnel statt Stelze“ hält Gisela Kronenberg aufgrund mehrerer Zwangspunkte – u.a. Unveränderbarkeit der DB-Trasse, Baurecht von der Rheinbrücke bis zur B8 durch die Planfeststellung „Rheinbrücken“ – für unwahrscheinlich. Der von der Autobahn GmbH favorisierte oberirdische Ausbau der Stelze (Arbeitstitel Südversatz mit Querverschub) werde die Stelze in ihrer Breite verdoppeln, die optische Trennung an dieser Stelle des Stadtgebietes durch die A1 deutlich verstärken und auch hier mit den vorgesehenen 9 m hohen Lärmschutzwänden für Verschattungen bei den Anliegern sorgen.
Gegen diese weitgehenden Ausbaupläne müsse Leverkusen und seine Einwohner mit aller Kraft kämpfen, schloss Gisela Kronenberg ihren Vortrag. Zum Schutze nachfolgender Generationen dürfe nicht stur an diesen großdimensionierten Ausbauplänen festgehalten werden, sondern es müssen weitsichtige Lösungen gefunden werden. Das könne z.B. ein Umbau des Autobahnkreuzes und notwendige Baumaßnahmen an der A3 und ein Ersatz der Stelze nur in heutiger Breite sein – die Devise laute deshalb: „Keinen Meter mehr!“
Anschließend informierte Peter Westmeier die Anwesenden noch über den aktuellen Stand zur Absicht, in Höhe des Fester Weg in Lützenkirchen an der A1 einen LKW-Rastplatz zu errichten. Auch er erinnerte daran, dass sich Protest lohne, denn erste Pläne für einen deutlich größeren Raststätte mit Tankstelle seien verworfen. Noch immer werde aber ein Rastplatz für ca. 80 LKW geplant, obwohl es mit dem Gewerbegebiet auf der A1 hinter der Rheinbrücke im Kölner Norden einen deutlich besser geeigneten Standort gebe.
Julian Frohloff rundete den Nachmittag schließlich mit weiteren Klarstellungen und Informationen zu den aktuellen Gesprächen im Bundesverkehrsministerium und mit Minister Wissing für bessere Ausbaulösungen ab. Inzwischen arbeite eine breite Mehrheit im Stadtrat aus CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, Opladen Plus, und Frau Kronenberg mit eben diesem Ziel eng zusammen.
Nach Beantwortung einige Fragen aus dem Auditorium und dem Schlusswort von AG60+ – Chef Dr. Hans Klose wurden die drei Referenten nach zwei Stunden mit langanhaltendem Applaus für ihre informativen und detaillierten Beiträge in den Abend verabschiedet.