Ein Beitrag von Juliana:
Das Pflichtpraktikum immer hinten dran geschoben, mangels genügend Zeit in den Semesterferien und absoluter Planlosigkeit bezüglich des möglichen Einsatzortes. Jetzt musste es schnelle gehen, das Ende meines Studiums nahte und ich bekam doch ein bisschen Panik. So hörte ich mich an der Uni um und zack sprach doch tatsächlich einer von seinem Pflichtpraktikum bei einer Partei. „Das ist es!“, dachte ich mir und so kam eins zum anderen.
Ein Praktikum in der Geschäftsstelle der SPD-Fraktion in Leverkusen, das sollte es ein. Politisch interessiert, diskussionsfreudig und neugierig auf die aktive Politik, meine Eckdaten, die mich zusätzlich bestärkten das Praktikum in einer Partei zu machen. Die SPD ehrlich gesagt momentan nicht grade sexy, mit ihren schwindenden Prozentwerten, sprach mich inhaltlich dennoch am meisten an. Das Vorstellungsgespräch mit dem Geschäftsführer, der ebenfalls mein Ansprechpartner für die kommenden sechs Wochen Praktikum sein sollte, verlief reibungslos und sehr sympathisch, wodurch ich mich in meinem Vorhaben das Praktikum bei der SPD-Fraktion Leverkusen zu machen bestärkt fühlte.
Aller Anfang ist schwer
Hinterher gestolpert, ahnungslos am Tisch gesessen, oft dumm genickt und meistens nicht viel verstanden. Namen die kursierten, zu denen ich kein Gesicht kannte, Anträge und Sitzungsthemen wurden besprochen und ich verstand größtenteils nur Bahnhof. Denn die Sprache in der Kommunalpolitik ist eine besondere, die alle im Team problemlos beherrschten, mit mir als einzige Ausnahme. So galt es den Gesprächen gut zu zuhören, möglichst viel aufzuschnappen und sich am Ende einen Reim draus zu machen. Die ersten Tage meines Praktikums waren zugegeben anspruchsvoll aber dank der sehr netten Aufnahme von allen Seiten doch machbar. Dennoch rauchte mir abends oft der Kopf und viele Sachzusammenhänge erschlossen sich mir erst mit der Zeit.
Bereits in der ersten Woche durfte ich eine Sitzung begleiten und Protokoll führen. Eine echte Herausforderung, wenn man die Abläufe noch nie zuvor miterlebt hat. Der Tipp des Chefs: ergebnisorientiert protokollieren, bloß nicht wortwörtlich. Da saß ich nun, etwas nervös vor der in meinen Augen doch großen Verantwortung und begann fleißig zu schreiben. Am nächsten Tag wurde das Protokoll dann meinerseits ausformuliert und zu meiner Erleichterung für gut befunden. Das Praktikum hat deutlich bewiesen, dass man an seinen Aufgaben wächst und so war es auch bei mir. Einer der ersten Aufgaben war das Erstellen eines Aktenplans. Eine Aufgabe wir geboren für eine Praktikantin, so dämlich wie sie erschien. Ich dachte mir: „Naja immerhin noch besser als Kaffeekochen“. Mit der Zeit wurden die Aufgaben dann vielfältiger, über einige Recherchen musste ich später Anträge, Pressemitteilungen und Facebook Beiträge ausformulieren.
In Zeiten des Untergangs
Die Zeit des Praktikums war eine besonders spannende, die Entscheidung der SPD-Mitglieder zur GroKo stand an und es wurde oft diskutiert was das Richtige und Beste für die SPD ist. Wut auf die Spitze in Berlin und Hoffnungslosigkeit über die Zukunft mischten sich. Die Frage Ja oder Nein, oft mit einem klaren JEIN beantwortet. Selbst der Paketzulieferer mischte sich in die Debatte ein und schrieb auf eins der Pakete: „Gute Partei aber nein zur GroKo“. Generell empfand ich es, als seien alle so langsam müde von den Machenschaften in Berlin und der anhaltenden Diskussion über die Zukunft der Partei. Darüber hinaus fielen die großen politischen Themen meistens aus, sehr zu meinem Bedauern aber ich verstand schnell, Kommunalpolitik ist klein und so auch ihre Themen. So wurden Konzepte entworfen um illegale Müllablagerungen zu stoppen, Schultoiletten zu verbessern und defekte Ampelanlagen zu reparieren. Aber auch die noch so „kleinen Themen“ sind nicht zwingend weniger wichtig! Man sieht die eigene Stadt plötzlich mit anderen Augen, man erkennt was hinter all dem steht, wie viel Ehrenamt und Herzblut Kommunalpolitik bedeutet.
Das Herzstück
Die Kaffee-Pause zu der sich alle in einem Raum wiederfanden, der meistens vorlauter Rauch nicht mehr als solcher zu erkennen war, war das Herzstück. Ich als seltene Spezies, zumindest in der SPD Leverkusen, die weder Kaffee noch Zigaretten konsumierte, fiel anfangs doch etwas auf und fragte mich innerlich, ob ich möglicherweise schief gewickelt bin. Glücklicherweise hatte ich den Geschäftsführer da auf meiner Seite, der ebenso wie ich, versuchte die Rauschmittel von sich zu halten. Da saßen nun alle, tranken literweise Kaffee, organisierten und koordinierten die Aufgaben zwischen den Leitstellen aus Fraktions-, Partei- und Abgeordnetenbüros.
Sozialer Zusammenhalt gehört dazu! Die Kollegen haben mich daher auch in der Mittagspause immer mitgeschleppt, wenn es draußen zum Essen ging. Eine gute Gelegenheit um alle etwas besser kennenzulernen, schließlich teilt man sich ja sechs Wochen den Arbeitsplatz, da sollte auch Zeit für ein bisschen Smalltalk sein. Und ich war da garantiert eher eine schwierige Kandidatin: wortkarg und schüchtern. Und trotzdem habe ich mich auf Anhieb sehr wohl gefühlt und war glücklich über die nette Gesellschaft.
Aufkommende Langeweile
Vor Beginn des Praktikums kamen die Zweifel und die Angst vor der großen Ernüchterung und Langeweile. Man hört es ja nicht selten, Praktikanten die nur Kaffee kochen und Blumen gießen und ansonsten Däumchen drehen. Aber nichts dergleichen kam auf mich zu. In den sechs Wochen bekam ich einen echten Einblick in die Kommunalpolitik der Leverkusener SPD, wurde so gut es ging mit eingebunden, durfte an Sitzungen teilnehmen, in denen wahrhafte politische Entscheidungen für die Stadt getroffen wurden. Und auch die Arbeit am Schreibtisch war von Anfang an durch großes Vertrauen meines Chefs mir gegenüber geprägt. So durfte ich bereits ab dem ersten Tag Antragsideen ausformulieren, Recherchearbeiten zu bestimmten Themen erledigen und Beiträge für die Öffentlichkeit schreiben. Zu meinen Abgaben bekam ich immer ein Feedback und Empfehlungen, wenn etwas verbesserungswürdig war. Insgesamt also eine wirklich gelungene Zeit, die mich für meine Zukunft geprägt hat und mir einen guten Einblick in die kommunalpolitische Arbeit ermöglicht hat.
Juliana absolvierte vom 12. Februar bis zum 23. März 2018 ihr studiumbegleitendes Praktikum in unserer Fraktionsgeschäftsstelle.