Ein Beitrag von Hans Klose
„Der digitale Wandel ist im vollen Gange. Die technologischen Entwicklungen sind rasant und verändern die Art, wie wir uns informieren, wie wir kommunizieren, wie wir konsumieren – kurz: wie wir leben.“ Diesen Wandel will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als „Chance begreifen … und ihn gleichzeitig sozialverträglich und im Einklang mit unseren Grundwerten gestalten“. In der gleichen Veröffentlichung verbindet das Ministerium Digitalisierung mit „Künstlicher Intelligenz“ und verspricht (gesetzlich), „dass Bürger und Unternehmen bis spätestens 2022 ihre Anträge, Nachweise und Berichtspflichten an Bund, Länder und Kommunen online abwickeln können“. Können, ist zwar nicht unbedingt müssen, aber mal auf die Schiene gesetzt, wird es zweifellos dort enden.
„Vogel friss oder stirb“
Mit Aufklärung und gewissenhafter Vorbereitung – 2022 ist morgen – hat das wenig zu tun, eher mit der sprachlichen Wendung „Vogel, friss oder stirb!“. Die Internetnutzung nach Altersgruppen hat das gleiche Ministerium untersucht und festgestellt, dass ca. 79 Prozent der 60-69jährigen Interneterfahrung haben und von den über 70jährigen nur noch 45 Prozent. Wie intensiv diese Nutzung war und ist, ist unbekannt. Feststellen darf man aber, nicht unbedeutende Anteile der älteren Bevölkerung haben gar keinen Zugang zum Internet. Sie sind damit der Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander enthoben, also nichts mit „sozialverträglich“.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz?
Vor diesem Hintergrund wollten wir wissen, was hat es mit Digitalisierung und „Künstlicher Intelligenz“ auf sich. Was ist das eigentlich? Dass wir von den Veränderungen durch Digitalisierung betroffen sind und immer stärker werden, machte uns Marc Janich im Verein mit dem Computerlinguisten Dr. Pfeifer klar, die unsere sachverständigen Gäste waren. Marc steht dem Digitaldezernat des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) vor und Dr. Pfeifer ist einer seiner Stellvertreter. Am Anfang unserer Diskussion standen –wie sollte es anders sein – Begriffsdefinitionen: Unter Digitalisierung versteht man gemeinhin die Umwandlung von analogen Werten in digitale Formate, die dann maschinell verarbeitet werden. Wobei, das liegt auf der Hand, Qualitäten verloren gehen, nicht mehr vorkommen. Und bei Künstlicher Intelligenz handelt es sich um ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Nachbildung und dem Erlernen von menschlichem Verhalten befasst. Mit aller Vorsicht und etwas grob: Wie unser Gehirn versucht diese, vorerst wohl nur schwache „Intelligenz“, Informationen, die sie durch Sensoren, manuelle Eingaben und Systemübernahmen erhält, so zu bearbeiten, dass zielführende Antworten auf Herausforderungen ihrer Umgebung gegeben werden können. Zweifellos ergeben sich durch die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz Vorteile für unser Leben, als da sind:
Was haben wir davon?
Freiräume durch Automatisierung, Steigerung der Effizienz, Erleichterung des Alltags und, und, und.
Die Risiken und Nachteile sind aber auch nicht zu übersehen, als da sind: Abwertung menschlicher Arbeit (Verlust von Arbeitsplätzen, Berufesterben), Überwachung der Menschen, Mangelnde Transparenz, Fehlen ethischer Standards und, und, und.Bemängelt wurde in der Diskussion, dass Digitalisierung gar nicht mehr als Werkzeug begriffen wird. Bis in die Parteiprogramme hinein sei sie offenbar Selbstzweck und nicht mehr Mittel zum Zweck. Das gute Leben der Menschen muss im Mittelpunkt aller politischen Bemühungen stehen.
Mitnahme der Menschen und noch viel Erklärungsarbeit
Wenn Digitalisierung das befördert und zwar ohne den Menschen Freiheit und Lebenschancen zu nehmen, könne man wenig dagegen einwenden. Viel sieht man aber noch nicht davon. Die Vorteile müssen deshalb sichtbar gemacht werden, ebenso wie die Nachteile und darüber gilt es, öffentlich zu diskutieren. Vermisst wird die unbedingte Einbeziehung der jeweils Betroffenen in die Digitalentscheidungen der Firmen und Verwaltungen u.ä. Das sind im Einzelfall die Beschäftigten bei Firmen und Verwaltungen, etc., die vor Überwachung, Fremd- und Selbstausbeutung sowie gesundheitlichen Folgen zu schützen sind. Das sind aber auch die vielen schlecht verdienenden Selbstständigen, die Arbeitslosen und Geringverdiener. Schlussendlich, da war sich die Versammlung einig, wir brauchen eine breit angelegte öffentliche (politische) Debatte.
Und was zu uns noch zu sagen bleibt: Der Nachmittag war hochspannend!