Einen denkwürdigen Nachmittag, an dem man über eineinhalb Stunden eine Stecknadel auf den Boden hätte fallen hören, erlebten über 35 ältere Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der November-Versammlung im Kurt-Schumacher-Haus.
Zu verdanken war dies Annette Lorey, der langjährigen Leiterin der Volkshochschule Leverkusen. Sie hatte nach ihrem Ausscheiden aus den Diensten der Stadt Leverkusen mehr als vier Jahre über das Leben von Nelly Mann recherchiert, bis nach Los Angeles Nachforschungen angestellt und Archive besucht.
Mit ihrem Buch „Nelly Mann. Heinrich Manns Gefährtin im Exil“, aus dem sie Sequenzen vorlas und diese immer wieder in die Zeit der späten Weimarer Republik über die nationalsozialistische Herrschaft bis fast zum Kriegsende 1944 einordnete, räumte sie mit der Legende von der „unglücklichen Säuferin“ auf, die 1929 den 27 Jahre älteren honorigen Schriftsteller, der sich im Zenit seiner Popularität befand, in einer Bar in Berlin kennenlernte, erst verführt und dann ruiniert hat.
Denn unveröffentlichte Dokumente und Briefe, die Annette Lorey bei ihren Recherchen entdeckte und den Anwesenden vortrug, sprechen eine ganz andere Sprache: sie zeigen eine mutige Frau mit politischer Haltung, empathisch, witzig und schlagfertig, auch misstrauisch und ungerecht – aber lebenslang auf der Suche nach Geborgenheit. Annette Lorey entdeckt und offenbart ein bis heute wenig beachtetes Kapitel der deutschen Vergangenheit, ein unkonventionelles Leben in schwierigen Zeiten – u.a. zwei Fluchten in Exile nach Frankreich und in die USA – und die Geschichte einer großen Liebe.
Annette Loreys Vortrag, an den sich noch einige Nachfragen der Anwesenden anschlossen, wurde mit großem Applaus bedacht und AG 60plus-Chef Dr. Hans Klose fand für diesen besonderen Nachmittag ein passendes Schlusswort: „Großartig“.