Ein Beitrag zum Praktikum von Marcel Sernetz:
Als Masterstudent der Politikwissenschaft aus Duisburg lernt man zwar die theoretischen Aspekte der Kommunalpolitik zu verstehen, aber die praktische Erfahrung ist das, was wirklich das Gefühl wiedergibt, mal wirklich dabei gewesen zu sein. Als ich mein Praktikum bei der SPD-Fraktion in Leverkusen begann, ging ich mit gewissen Erwartungen hinein. Oft, so dachte ich mir, wird die Arbeit der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker unterschätzt und nicht ausreichend gewürdigt. Bestimmt gehört dazu mehr als viele oft denken. Ich hatte schon länger Interesse, mich kommunalpolitisch zu engagieren, aber zumeist war ich unsicher, was man alles dazu mitbringen muss. Sicherlich aber würde ich im Praktikum lernen, wie es ist Teil der Kommunalpolitik als Teil einer Ratsfraktion zu sein. Unrecht hatte ich zwar nicht, aber dennoch habe ich es doch unterschätzt, wie viel ich aus dem Praktikum mitnehmen würde.
Warum Leverkusen?
Ich wurde das einige Male gefragt und antwortete immer gleich: Weil ich diese Stadt und ihre Bewohner:innen kennenlernen wollte, die man zumeist nur wegen ihres Fußballvereins, dem Bayer-Konzern oder als eine Kommune, an der man vorbeifährt, um nach Köln zu kommen, kennt. Aber ich dachte mir, dass von dem, was ich und andere Bekannte über die Stadt gehört haben, bestimmt mehr zu entdecken ist. Sicher, es war im Sinne meines 6-wöchiges Pflichtpraktikums zwar notwendig, dass ich einen geeigneten Praktikumsplatz finde, aber zugleich wollte ich die Gelegenheit nutzen, mehr über eine andere Kommune als der Eigenen in NRW zu lernen. Als ich im Internet das Angebot für ein Praktikum bei der Geschäftsstelle der SPD-Fraktion in Leverkusen sah, betrachtete ich es als eine Möglichkeit neben dem typischen Alltag des Arbeitsplatzes auch mehr über die Stadt an sich zu lernen.
Definitiv habe ich das am Ende auch getan, denn Leverkusen ist eine vielfältige Stadt, die sich in ihren verschiedensten Stadtteilen ausprägt. Die Kultur, die diese Stadt mit sich bringt, prägt sich dann auch in der lokalen Politik aus und ich war dabei, um all dies am Arbeitsplatz in der „Mitte“ Leverkusens in der Nähe des Rathauses zu erfahren.
Einführung in den Arbeitsplatz leicht gemacht
Dabei kommt man als Praktikant, also als „der Neue“, nicht zu kurz und wird auch offen von der Leitung der Geschäftsführung empfangen. Vom ersten Tag her war jeder in der Fraktion äußerst freundlich und hilfsbereit, weswegen die Eingewöhnung an den Arbeitsplatz praktisch schnell und problemlos verlief. Auch wird man mit den nötigsten Tools, wie zum Beispiel ein eigenes Pad und eigenem Büro, ausgestattet, um an den gegebenen Aufgaben arbeiten zu können. Im Büro gibt es auch die Möglichkeit sich anderweitig zu versorgen, wie etwa durch die Küche, die u.a. mit einer Kaffeemaschine oder eine Mikrowelle ausgestattet ist. Wenn ich mir bei irgendetwas unsicher war konnte ich immer nachfragen und um Hilfe bitten. Wie es mir so schön gesagt wurde: „Es gibt keine dummen Fragen.“ Es gab zwischendurch immer die Möglichkeit auch mal eine Pause zu machen und das örtliche Einkaufszentrum, bekannt als das die Rathaus-Galerie im Stadtteil Wiesdorf, bot mehr als genug Möglichkeiten sich was zu Essen und Trinken zu holen oder mal shoppen zu gehen.
Der streitsame Anfang im Stadtrat
Das begann in den ersten zwei Wochen des Praktikums, wo ich zum einen die Vorbereitungen zur nächsten Ratssitzung, als auch der Ratssitzung selbst beiwohnen konnte. Anträge, die in der Ratssitzung diskutiert und abgestimmt würden, wurden zuvor in mehreren Treffen ausgearbeitet. Das wichtigste Element dabei war die Information und der Umgang mit diesen. Wenn es heißt, dass z.B. eine beliebte Fähre plötzlich nicht mehr funktioniert und nach Lösungen für das Problem verlangt wird, dann ist viel mehr zu berücksichtigen, als was man als Bürger:innen einfach so mitbekommen würde. Was muss repariert werden und nach welchen Auflagen? Wie hoch sind die Kosten? Wie lange dauert es voraussichtlich? Gibt es Alternativen? Wo kriege ich die nötigen Informationen bzw. wichtigsten Daten her? Mit welchen Verantwortlichen muss ich sprechen? Für welche Option entscheidet man sich in der eigenen Fraktion? Für was entscheiden sich die anderen Fraktionen? Genügt das für eine Mehrheit? Müssen wir genauer mit den Bürger:innen sprechen, um sie im Prozess direkt zu involvieren? Das alles sind Fragen, die geklärt werden sollten und viel Arbeit erfordern.
Während der Vorbereitungsphase durfte ich dabei auch sämtliche Fraktionsvertreter der SPD im Stadtrat kennenlernen, inklusive dem amtierenden Oberbürgermeister. Professionell, aber auch gemeinschaftlich wurden die einzelnen Tagesordnungspunkte zur kommenden Ratssitzung besprochen und sämtlichen Ansichten der Mitglieder mit einbezogen. Was mich sehr erfreute, war das neben der Mitgliedschaft zur selben Fraktion es die Vertreter auch verbunden hat, dass sie alle einfach gute Freunde sind. So hat es sich für mich auch angefühlt, als ich bei einem Zusammentreffen vor der Stadtratssitzung dabei war, denn es war für mich auch, als würde man dazu gehören, selbst wenn man bei weitem nicht die Erfahrung hat wie alle anderen.
In der Ratssitzung, in der ich dabei war, bot eine klare Übersicht, wie eine solche Sitzung formell ablaufen kann: Der Oberbürgermeister leitet die Sitzung, Tagesordnungspunkte werden behandelt, jede Gruppe kann eine Stellungnahme dazu abgeben und ggf. auch noch gegen andere Meinungen diskutieren, es wird abgestimmt usw., bis die Sitzung zeitlich (also selbst wenn nicht alle Punkte behandelt wurden) zu Ende geht. Das ist aber eine eher grobe Beschreibung des Ablaufs, was nicht aber exakt dasselbe ist, was man in Aktion erleben kann.
Man kommt in der Kommunalpolitik mit mehreren vertretenen Gruppen nicht drum herum, dass hin und wieder mal das hitzige Gemüt Oberhand nimmt, gerade wenn bestimmte Themen besonders viel Aufsehen und Emotionen hervorrufen. Dabei wird es ab und zu auch mal laut, es wird hin und wieder dazwischengerufen, anstatt zu diskutieren machen sich die Gruppen auch eher Vorwürfe und wurden dabei gerne mal provokativ. Es war für mich durchgehend spannend zu beobachten, wie sehr sich die Teilnehmer:innen der Sitzung aneinander geraten sind, aber trotzdem noch ein gewisser Grad an Kooperation bei bestimmten Angelegenheiten vorherrschen kann. Trotzt der typischen Ansicht, dass Politiker:innen meistens nur streiten, wollen am Ende die meisten Gruppen trotzdem eine vereinbare Lösung in vielen Dingen finden.
Machen und Tun in der Geschäftsstelle
Die Geschäftsstelle organisiert die Arbeit der SPD-Fraktion und ist deshalb auch zuständig für eine Vielzahl von Aufgaben, die sowohl politisch, aber auch juristisch behaftet sind.
Während meiner Zeit in der Geschäftsstelle gehörte es zur Aufgabe, einzelne Dokumente zu erstellen oder zu bearbeiten, die immer für einen gewissen Zweck gedacht waren. Dazu gehörten etwa Anträge für bevorstehende Bezirksvertretungssitzungen anzufertigen, die aber vorher durch die zuständigen Vertreter:innen diskutiert werden. Auch andere Texte wie Anträge für kleinere Investitionsmaßnahmen oder Pressemitteilungen konnte ich anfertigen. Sowas erfordert auch eine gewisse formelle und passende Ausdrucksweise im Text, was man vielleicht nicht auf Anhieb, wenn einem die formelle und teils juristische Sprache nicht ganz liegt, immer hinbekommt, aber dafür lernt man es vor Ort kennen und wird durch die konstruktive Hilfe auch besser darin.
Aber auch außerhalb davon gehörte es zusätzlich zur Arbeit in der Geschäftsstelle, sich mit Öffentlichkeitsarbeit auseinander zu setzen. Dazu gehört es die Bürger:innen stehts über die aktuellen Ziele und Standpunkte der Fraktion zu informieren, Einladungen zu gewissen Veranstaltungen und Treffen zu verteilen oder generell einfach ansprechbar zu sein, wenn beispielsweise eine Bürgerin oder ein Bürger ein Anliegen hat. Dabei stehen die Mitglieder der SPD-Fraktion immer mit sämtlichen Leuten im Kontakt, um aktuelle Themen zu besprechen und Vorschläge zu planen. Ich selbst durfte dabei auch Posting- und Blogtexte für sämtliche soziale Medien und der Webseite der Fraktion schreiben und auch einige Pressespiegel anfertigen.
Von möglicher Langeweile am Arbeitsplatz war ich nie betroffen, da ich immer mitarbeiten konnte und dazu immer auch was Neues gelernt habe. Oft war ich überrascht, wie schnell der Tag vergehen konnte und ich mit Begeisterung schon auf den nächsten Tag gespannt war.
Fazit
Die 6 Wochen waren für mich als jemand, der sich mit seinem Studium schon mehrere Jahre mit Politik auseinandersetzt, absolut die praktische Erfahrung, die man sich wünschen kann. Es hat mir gezeigt, was Kommunalpolitik im Innern von einem erfordert und warum langfristiges Engagement mit dem Thema wichtig ist. Aber auch ist das Praktikum auch hilfreich gewesen, mehr über die rechtlichen Grundlagen der öffentlichen Verwaltung und der Organisationsarbeit der Geschäftsstelle zu lernen. Jeder, der sich für sein Praktikum mit Kommunalpolitik aus einer fraktionsinternen Perspektive auseinandersetzen möchte, die oder den kann ich das dieses Praktikum sehr ans Herz legen.