Ein Beitrag zum Praktikum von Anna Lisa Geberovitch:
Wie alles anfing:
Mitten im 5. Semester wurde mir plötzlich bewusst, dass die Zeit bis zum Examen immer weniger wird und ich noch das eher unbeliebte sechswöchige Verwaltungspraktikum als Pflichtpraktikum absolvieren muss. Und so begann die verzweifelte Suche nach einem Praktikumsplatz. Nach gefühlt tausend Absagen von jeglichen staatlichen Behörden, die alle natürlich aufgrund der aktuellen Corona Situation keine Praktikanten aufnehmen können, kam mir die Idee das Praktikum bei einer Partei bzw. einer Fraktion, zu machen. Die SPD kam mir, als eine der größten Regierungsparteien in der neuen Legislaturperiode, als erstes in den Kopf. Nach einer kurzen Recherche bin ich auf die Website der SPD-Fraktion in Leverkusen gestoßen. Diese war super aufgebaut und es gab sogar einen extra Reiter für Praktikanten. Ich war begeistert. Endlich mal jemand der das von sich aus anbietet, jemand dem man nicht hinterherlaufen muss, um rauszufinden, ob die überhaupt Praktikanten nehmen oder nicht. Kaum hatte ich meine Bewerbung dann abgeschickt, kam ein paar Tage schon der Rückruf und eine Einladung zum Bewerbungsgespräch und zwei Monate später saß ich auch schon als Praktikantin im Büro.
Die sprachlichen Hindernisse eines Jura Studenten
Zunächst sollte man wissen: die Aufgaben an sich haben recht wenig mit dem Studienstoff zu tun. Wahrscheinlich hängt das auch von dem jeweiligen Studienfach ab, aber als Jura-Studentin war ich sehr überrascht, wie wenig ich von dem gelernten hier anwenden musste. Es war ehrlich gesagt sogar eher das Gegenteil: das gelernte, nämlich sich klar und deutlich, vor allem aber kurz auszudrücken, war hier völlig fehl am Platz. Ich musste umdenken, ganz von vorne anfangen, denn zu den Aufgaben gehörte größtenteils Öffentlichkeitsarbeit. Egal ob Pressemitteilungen schreiben, Blogbeiträge verfassen oder Interviews vorbereiten, man muss die Bürgerinnen und Bürger überzeugen können und deren Vertrauen gewinnen, vor allem sprachlich. Am Anfang fiel es mir sehr schwer die mir zugewiesenen Aufgaben zu meistern. Ich konnte keinen einzigen sprachlich schönen Satz zu Papier bringen. Doch mit der Zeit und den super netten und immer hilfsbereiten Leuten um mich rum wurde es von Tag zu Tag besser. Dennoch würde ich auch nach den sechs Wochen nicht behaupten, dass Texte schreiben zu meiner Stärke geworden ist. Auch diesen Bericht zu verfassen war eine Herausforderung.
Die tägliche Aufgabe: Der Pressespiegel
Meine Lieblingsaufgabe war das Erstellen des Pressespiegels jeden Morgen. Auch wenn man denken könnte, dass es doch langweilig werden muss, jeden Tag ein und dieselbe Aufgabe zu machen, war es ganz das Gegenteil. In einer Zeit, in der die Nachrichten die letzten 2 Jahre nur von Corona geprägt waren, hab ich endlich wieder den Spaß am Zeitung lesen gefunden. Auch politisch gesehen war es eine sehr aufregende Zeit: die Diskussionen um Lockerungen, während die Inzidenzen täglich einen neuen Rekordwert erreichen, der Ukraine-Krieg und die Landtagswahlen in NRW. Man ist jeden Morgen auf dem neusten Stand und kann sein Allgemeinwissen etwas auffrischen.
Falsche Einschätzung
Mit der Entscheidung, das Praktikum in einer Regierungspartei zu machen, hatte ich natürlich auch die Hoffnung, einen Einblick in große und wichtige Prozesse und Entscheidungen zu bekommen. Doch damit lag ich völlig falsch. Kommunalpolitik ist klein, ganz klein. Aber auch das hat für ein Praktikum seine Vorteile. Da ich selbst aus Leverkusen komme, fand ich es total cool mitzubekommen was hier in der Stadt geplant wird. Es ist kein abstraktes System, wie das was man auf Bundes- oder Landesebene hat. Es betrifft einen selbst. Und das wichtigste: man weiß wovon die Rede ist. Im Endeffekt bin ich ziemlich dankbar, dass ich das Praktikum in der Kommunalpolitik absolviert habe. Es bringt einem viele Sachen viel näher.
Kommunalpolitik ist nicht gleich Kommunalrecht
In der Uni ist oder war Kommunalrecht, wie bei den meisten Studenten, nicht unbedingt mein Lieblingsfach. Es wird eher als unwichtiges Nebenfach abgestempelt und nicht sonderlich viel beachtet. Dabei ist es sogar ziemlich relevant fürs Examen. Im Laufe dieser 6 Wochen habe ich dann auch verstanden wieso: Alles was auf dieser Ebene entschieden wird, hat die größten Auswirkungen auf den Bürger selbst. Die ganze uninteressante Theorie ist also doch viel wichtiger, als ich eigentlich dachte. Vielleicht werde ich mir die Vorlesung im Anschluss auch nochmal aufmerksam anschauen… aber nur vielleicht.
Mein Highlight
Ein Tag in den letzten sechs Wochen hat mir besonders gut gefallen – und zwar der Frühjahrsempfang 2022 im Sensenhammer in Schlebusch. Es war die erste Veranstaltung in der Größe nach zwei Jahren Corona-Pause, auch für mich. Ehrlich gesagt, war ich anfangs nicht wirklich begeistert, ich meine wer freut sich schon darüber zu erfahren, dass er an einem Tag von 09:00 bis 22:00 Uhr „arbeiten“ muss? Wahrscheinlich niemand. Meine Erwartungen waren dementsprechend niedrig. Schnell stellte sich dann aber heraus, dass ich bei so Veranstaltungen auch ziemlich viel Spaß haben kann. Allein in der Halle des Sensenhammer bin ich zuvor noch nie gewesen und war total begeistert. So entdeckt man dann auch neue Sachen in der eigenen Stadt. Aber auch der ganze Prozess von Planung bis Aufbau und auch der Abbau haben mit dem ganzen Team zusammen echt unerwartet viel Spaß gemacht. Die Veranstaltung selbst war natürlich auch klasse, auch hinter der Theke, wo ich mich an unzähligen Getränken und ein paar Snacks bedienen konnte, hatte ich mich nett mit ein paar Leuten unterhalten können, sehr viel gelacht und die Zeit dabei komplett vergessen. Ich wünsche, dass auch meine Nachfolger sowas während des Praktikums mal miterleben.
Long story short
Entgegen meiner Erwartungen habe ich ziemlich viel gelernt und auch sehr viel mitnehmen können. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Langeweile und hatte immer etwas zu tun. Und damit meine ich nicht Kaffee machen oder vor dem Drucker stehen. Trotz meiner anfänglichen Kein-Bock-Einstellung, die wahrscheinlich jeder Praktikant vor seinem Praktikum hat, wurde ich ziemlich schnell vom Gegenteil überzeugt. Man hatte immer nette und lustige Leute um sich rum und die Zeit verging wie im Flug. Nach „Arbeit“ hat sich das jedenfalls nicht angefühlt. Es war etwas völlig neues für mich, in den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit Einblicken zu können. Und vor allem habe ich die Menge an Arbeit die hinter der Kommunalpolitik steht ziemlich unterschätzt. Hinter Kommunalpolitik steht sehr, sehr viel Ehrenamt. Und diese Arbeit verdient deutlich mehr Anerkennung.